Nachrichten | 03.04.2017

Ressourcenmuster - Eine Hilfestellung für die Begutachtung nach dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff

Die neue Begutachtungsrichtlinie erfasst Einschränkungen in der Selbstständigkeit und in Fähigkeiten. Definiert werden diese aber mit den bekannten und bewährten Hilfebedarfen: S – A – B – U – TÜ – VÜ. Die einzelnen Punkte in den Modulen des NBI (Neues Begutachtungsinstrument) werden jeweils mit Beispielen verdeutlicht.

Dies bedeutet für „überwiegend selbständig“ (zumeist 1P), z.B.

  • A: Anleitung, Aufforderung, Anstoß geben, Unterstützung in der Entscheidungsfindung
  • B: Beaufsichtigung, Anwesenheit aus Sicherheitsgründen, partielle Beaufsichtigung und Kontrolle, Überprüfung der Reihenfolge, der Absprachen usw.
  • U: Unterstützung: Zurechtlegen, Richten von Gegenständen, Vorbereitung, in die Hand geben,
  • TÜ: Punktuelle Übernahme einer Teilhandlung, Hilfebedarf an einzelnen Stellen des Handlungsablaufes
  • VÜ: -

Dies bedeutet für „überwiegend unselbständig“ (2P):

  • A: ständige Anleitung und Aufforderung, ständige Motivation, ständige motivierende Begleitung
  • B: ständige Beaufsichtigung und Kontrolle, unmittelbare Eingreifbereitschaft ist erforderlich
  • U: Unterstützung: es fehlen Beispiele (siehe Tabelle)
  • TÜ: Übernahme von Teilhandlungen (ein erheblicher Teil)
  • VÜ: -

Die Kategorie „unselbständig “ (3 Punkte) wird meist nur in Abgrenzung zu „überwiegend unselbständig“ beschrieben.

  • A/B: ständige Anleitung, ständige Motivation, ständige Beaufsichtigung und Kontrolle reichen nicht aus
  • B/ U: es fehlen Beispiele (siehe Tabelle)
  • TÜ: nahezu alle Teilhandlungen müssen durch die Pflegeperson durchgeführt werden. Es ist nur eine minimale Beteiligung möglich.
  • VÜ: Vollständige Übernahme

In der folgenden Tabelle werden diese Hilfebedarfe den Einschränkungen der Selbständigkeit systematisch gegenübergestellt. Aus den Erfahrungen der Praxis werden auch die fehlenden Felder mit der Frage definiert: Wann ist Anleitung, Beaufsichtigung, Unterstützung fachlich als „unselbständig“ zu betrachten?

 

 

Hilfebedarf S (selbstständig) ÜS ÜU Un
A bei punktuellem Impuls ohne Körperkontakt, auch mehrmals kurz bei kontinuierlicher Anleidung, Motivation oder Aushandlung u.a. durch permanente Anleidung und Motivation, kommentieren aller Handlungsschritte, Abwehr in der Pflege
B Selbstständig bei punktueller Kontrolle, ob Handlungen durchgeführt wurden (Teilweise) selbständig bei nahezu ständiger und körpernaher Beaufsichtigung durch ständige Beaufsichtigung und Korrektur (z.B. TÜ/A)
U vollständige Übernahme bei minimaler Eigenaktivität

 

Wenn ein Mensch z.B. getrieben von unbeeinflussbaren Ängsten, Wahn oder anderen gerontopsychiatrischen Symptomen Hilfen abwehrt, ist durch eine schwere Erkrankung oft jede Form der Selbständigkeit in Alltagshandlungen verloren gegangen. Diese Beispiele tauchen aber in der Begutachtungsrichtlinie nicht auf und sollten, nicht zuletzt für Widersprüche und Klagen, gut in der Dokumentation beschrieben werden. Die Tabelle wird in Kürze in der Altenpflege veröffentlicht, sodass Pflegekräfte die Argumentation belegen können.

 

Die Tabelle ist somit eine Argumentationshilfe und Hilfe für die Prüfung der Dokumentation. Es kann eindeutig zugeordnet werden, mit welchem Hilfebedarf die verbliebene Selbständigkeit gestärkt werden muss. Wir können sogar von einem allgemeinen Ressourcenmuster ausgehen, das die Grundlagen des fachlichen Umgangs mit dem/der Pflegebedürftigen allgemein definiert. Abweichungen in einzelnen Fragen der Module können so einfacher deutlich gemacht werden. Zudem erleichtert es die Evaluation und gibt Hinweise, in welchen Bereichen Veränderungen zu erwarten sind: Veränderungen, z.B. der Wechsel von einer Stufe „überwiegend unselbständig“ zu „überwiegend selbständig“ beim „Gehen“ wird in der Begutachtung erfasst, taucht aber mit hoher Wahrscheinlichkeit als Qualitätsindikator in der neuen Qualitätsprüfrichtlinie auf.

 

Unser PFLEGE-ZEIT-Berater Martin Hamborg konzipiert derzeit ein Projekt u.a. mit Einrichtungen, die mit dem IQM-DEMENZ arbeiten. Mit einer breiteren Datenlage können wir die Diskussion mit dem MDS und dem BMG führen, da der Pflegebedürftigkeitsbegriff in den nächsten drei Jahren evaluiert wird und Änderungen erwartet werden. PFLEGE-ZEIT Einrichtungen können sich für dieses Projekt bewerben.